[:de]Viele Selbstständige und Kleinunternehmer gehen davon aus, dass das Insolvenzverfahren die Einstellung der selbstständigen Tätigkeit zur Folge hat. Dies ist in der Praxis aber gerade nicht der Fall. Der Insolvenzverwalter kann dem Selbstständigen nicht die weitere gewerbliche Tätigkeit untersagen. Auch sind dem Gewerbeaufsichtsamt die Hände gebunden. Bei einem laufenden Insolvenzverfahren kann das Gewerbe aufgrund der vorhandenen Verbindlichkeiten nicht entzogen werden.

1. Zeitpunkt

Auch wenn das Insolvenzverfahren ein unangenehmer Schritt ist, sollte man das Verfahren nicht unnötig vor sich herschieben. Nach unseren Erfahrungen leidet die Gesundheit massiv, wenn die Situation der permanenten Zahlungsunfähigkeit nicht in überschaubarer Zeit – maximal 3 – 6 Monate – behoben werden kann. Vorhandene Maßnahmen des Gerichtsvollziehers sowie Mahnbescheide etc. zu ignorieren und innerlich auszublenden geht lediglich für einen beschränkten Zeitraum. Insofern sollte man sich jedenfalls beraten lassen, um zu prüfen, welche Vermögenswerte tatsächlich noch vom Insolvenzverwalter verwertet/abgenommen werden können und welcher Verbindlichkeiten man sich im Gegenzug entledigen kann.

2. Folgen einer Insolvenz

Die unmittelbaren Folgen eines Insolvenzverfahrens sind zunächst überschaubar. Denn Sie sollten berücksichtigen, dass

  • die Wohnung des Schuldners geschützt ist. Das Inventar also in der Regel pfändungsfrei ist;
  • der PKW grundsätzlich für die Fortsetzung in der beruflichen/gewerblichen Tätigkeit benötigt wird und daher ebenfalls von der Verwertung ausgeschlossen ist;
  • die Bargeldversorgung gesichert ist, wenn das Bankkonto als Pfändungsschutzkonto (P-Konto) geführt wird.

So ist folglich jeder Insolvenzverwalter bestrebt, die gewerbliche Tätigkeit zunächst fortzuführen, um gemeinsam mit dem Schuldner und ggf. dessen Berater eine tragfähige Lösung zu erarbeiten.

3. Freigabe der selbstständigen Tätigkeit

Aufgabe des Insolvenzverwalters ist es, die Insolvenzmasse zu vermehren. Dies bedeutet, dass vorhandene Vermögenswerte „versilbert“ werden sollen. Sofern ein Gewerbebetrieb vorhanden ist, wird der Insolvenzverwalter den Betrieb nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens fortführen wollen, wenn absehbar ist, dass mit Sicherheit ein Überschuss erzielt werden kann. Betriebe, bei denen neben einer Kostendeckung nur der persönliche Lebensbedarf des Schuldners erwirtschaftet wird, werden in der Regel durch den Insolvenzverwalter freigegeben.

Dies bedeutet, dass der Unternehmer ohne die alten Verbindlichkeiten weiterarbeiten und sämtliche Einnahmen des Betriebes zur Kostendeckung und für seinen persönlichen Lebensbedarf verwenden kann. Die gewerbliche/selbstständige Tätigkeit wird quasi außerhalb des Insolvenzverfahrens fortgesetzt. Zeitgleich sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen der Altschulden nicht mehr möglich.

Die Insolvenzmasse profitiert dennoch von der Fortsetzung der gewerblichen Tätigkeit. Allerdings nur insofern, als dass an den Insolvenzverwalter ein Betrag abgeführt wird, der bei einer fiktiven abhängigen Beschäftigung pfändbar wäre. Hierzu werden in der Regel mit dem Insolvenzverwalter Absprachen herbeigeführt.

4. Ergebnis

Ein Insolvenzverfahren ist daher nicht nur ein Schreckgespenst, sondern bietet durchaus auch erhebliche Chancen, wieder finanziell, wirtschaftlich und auch gesundheitlich auf die Beine zu kommen. Sofern mit dem Betrieb laufend Gewinne erwirtschaftet werden, kann dieser im Rahmen des Insolvenzverfahrens fortgeführt werden.

 

Quelle:

Holger Syldath

Rechtsanwalt,

Fachanwalt für Insolvenzrecht,

geprüfter ESUG-Berater (DIAI)

 

Homepage: http://gks-rechtsanwaelte.de/[:]