[:de]Ursprünglich vertrat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Auffassung, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich an eine wirksame Weisung des Arbeitgebers vorläufig gebunden ist und diese Verbundenheit nur durch ein rechtskräftiges Urteil entfallen konnte (BAG, 22.02.2012, 5 AZR 249/11).

Dies revidierte das BAG nun: Die Richter urteilten, dass Arbeitnehmer nun unbilligen Weisungen des Arbeitgebers auch dann nicht unbedingt Folge leisten müssen, wenn noch keine rechtskräftige arbeitsgerichtliche Entscheidung vorliegt (BAG, 14.06.2017, 10 AZR 330/16 (A)).

Der Fall: Standortwechsel / Versetzung eines Immobilienkaufmanns

Ein Immobilienkaufmann aus dem Ruhrgebiet sollte für ein halbes Jahr nach Berlin versetzt werden. Er weigerte sich seiner Arbeit dort nachzukommen und wurde daraufhin erst abgemahnt und sodann gekündigt. Dagegen wehrte er sich vor Gericht: War er verpflichtet die Arbeit am Standort Berlin aufzunehmen? Er selbst hielt diese Weisung für „unbillig“.

Will der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer versetzen, so muss er verschiedene Aspekte durchleuchten und private und betriebliche Belange abwägen. Darunter fallen auch gesundheitliche sowie familiäre Belange.

Weisungsposition des Arbeitgebers verliert an Rechtssicherheit

Folgen für den Arbeitgeber: Für den Arbeitgeber bedeutet dieses, dass kein regelmäßiges Kündigungsrecht mehr besteht, sobald ein Arbeitnehmer nach einer Weisung eine Arbeitsleistung verweigert. Vielmehr muss der Arbeitgeber nun selbst Initiative ergreifen und seine Weisung gerichtlich überprüfen lassen.

Folgen für den Arbeitnehmer: Arbeitnehmer tragen weiterhin ein hohes Risiko, wenn sie sich einer Weisung verweigern. Denn erklärt das Gericht die Weisung des Arbeitgebers als „billig“, sodass diese hätte befolgt werden müssen, so ist auch eine auf die Weisungsverweigerung gestützte Kündigung wirksam.

Arbeitgeber sollten sich wegen der weitreichenden Folgen also unbedingt absichern, ob ihre Weisungen als „billig“ gelten und somit durch den Arbeitnehmer befolgt werden müssen. Insbesondere bei solch planungsintensiven Umstrukturierungen – wie Versetzungen – sollten dem Arbeitgeber keine vermeidbaren Fehler unterlaufen.

Sollten Sie Fragen zum Weisungsrecht des Arbeitgebers haben, beantwortet Ihnen Rechtsanwältin Sandra Krämer gerne weitere Fragen zu dieser Thematik und vertritt Sie auch in einem Rechtsstreit. Kontaktieren Sie uns per Telefon oder schreiben Sie uns im Rahmen unserer unverbindlichen Online-Beratung.

Quelle:

Sandra Krämer

Rechtsanwältin,
Fachanwältin für Insolvenzrecht
Homepage: www.gks-rechtsanwaelte.de[:]

[:de]Irgendwie fühlt sich heute fast jeder diskriminiert. Manchmal stimmt es, aber nicht immer gibt es deshalb eine Entschädigung.

Ein Arbeitgeber wollte einen Mitarbeiter loswerden, der seines Erachtens nicht genug leistete. Ein schwieriges Unterfangen für einen Arbeitgeber, aber nicht unmöglich. Dieser Mitarbeiter war übergewichtig. Ein Indiz für mangelnde Leistung bei jemandem, der körperlich arbeiten muss. Deshalb kündigte der Arbeitgeber und berief sich auf verminderte Leistungsfähigkeit.

Der Arbeitnehmer klagte dagegen und die Kündigung wurde vom ArbG Düsseldorf mit Urteil vom 22.12. 2015 aufgehoben.

Ein Arbeitgeber muss nämlich nach ständiger Rspr. ganz konkret vortragen, um wie viel Prozent die Leistung von einem Durchschnittlichen im Betrieb abweicht. Erst, wenn diese Abweichung mehr als 33% vom Durchschnitt beträgt, befassen sich Gerichte genauer mit dem Fall. Häufig ist es ganz schwierig festzustellen, welche Leistung ein normaler bzw. durchschnittlicher Mitarbeiter  erbringt. Dann kann natürlich auch nichts zur Abweichung vorgetragen werden.

Ist dieser Arbeitnehmer dann auch noch diskriminiert worden wegen seines Übergewichts? Nicht jede Ungleichbehandlung ist juristisch unzulässig.

Welche Diskriminierungen zulässig sind, kann dem AGG entnommen werden. Dies regelt die Diskriminierungen seit dem Jahre 2006.

Problematisch werden können Ungleichbehandlungen nur in den in § 1 AGG genannten sieben Fällen. Hierzu zählt auch die Behinderung. Dies ist auch gut und richtig. Wer schon eingeschränkt ist in seiner Teilhabe am Leben, soll sich deshalb nicht auch noch schlecht behandeln lassen müssen.

Eine Adipositas – Übergewicht – kann durchaus eine Behinderung sein. Sie ist es aber nicht auf jedem Fall. Wenn die Schwerbehinderung nicht durch die Behörde festgestellt ist, muss im Prozess wenigstens vorgetragen werden, dass das Übergewicht Auswirkungen auf die sog. Teilhabe am Leben hat. Hier im Prozess war das Gegenteil vom Kläger vorgetragen worden. Der gekündigte Kläger hatte behauptet, dass das Übergewicht ihn nicht gehindert hat, alle geschuldeten Tätigkeiten auszuüben.

Eine Adipositas kann aber so offensichtlich sein, dass ein Schwerbehindertenausweis ausnahmsweise entbehrlich ist. In diesen Fällen ist ein Arbeitgeber gut beraten, sich vorher um die Zustimmung der zuständigen Schwerbehinderten-Behörde zu kümmern.

Gleiches gilt, wenn ein Arbeitgeber weiß, dass sein alkoholkranker Mitarbeiter nach einer Entziehungskur rückfällig geworden ist. Je kränker jemand ist, desto eher ist er schwerbehindert. Wichtig ist hier die Frage, ob die Krankheit länger als sechs Monate dauert. Bei kurzfristigen Erkrankungen liegt nämlich keine Schwerbehinderung vor.

Quelle:

Rechtsanwalt Friedrich Kellersmann – Fachanwalt für Arbeitsrecht, Münster

c/o Kanzlei König, Strässer & Partner GbR

www.ksp-rechtsanwaelte.de[:]

[:de]Arbeitet die Sekretärin, wenn der Chef nicht da ist? Arbeitet die Verkäuferin, wenn kein Kunde da ist? Juristisch stellen sich diese Fragen durchaus. Im wahrsten Sinne des Wortes wird in diesen Fällen nicht gearbeitet. Jedoch schuldet der Arbeitgeber Vergütung aus dem Gesichtspunkt des Annahmever­zuges. Mitarbeiter und Beamte, die nur im regulären 8-Stunden-Dienst tätig sind haben keine Probleme. Bis zu 8 Stunden täglich, d.h. bis zur regulären Arbeitszeit wird alles bezahlt.

Die Probleme fangen dann an, wenn darüber hinausgehend gearbeitet wird. Schon Überstunden sind nicht einfach nachzuweisen.

Noch schwieriger wird es bei Arbeitsbereitschaft, Rufbereitschaft und Bereitschaftsdiensten. Die eine Frage ist, gibt es hier eine Vergütung oder handelt es sich zumindest um Arbeitszeit im Sinne des Ar­beitszeitgesetzes?

Es handelt sich hier um sehr schwierige Abgrenzungsfragen. Es gilt immer das, was vertraglich verein­bart oder in Tarifverträgen oder Gesetz geregelt ist.

Für die normalen Arbeiter und Angestellten richten sich die Fragen ausschließlich nach den Arbeitsver­trägen beziehungsweise den Tarifverträgen. Hier muss immer sehr genau gelesen werden. Pauschale Urteile verbieten sich.

Für den Bereich der Beamten hat das Bundesverwaltungsgericht nun mit Urteil vom 17.11.2016 ent­schieden, dass Bereitschaftsdienste von Beamten eins zu ei durch Freizeit auszugleichen sind. Er

stützt sich hierbei auf den Wortlaut von § 88 Satz 2 BBG, der keine Differenzierung in Mehrar­beit oder Bereitschaftsdienst nahelegt.

Die Regelung solle es ermöglichen, dass Beamte sich regenerieren können und habe in erster Linie den Zweck, die Einhaltung der regelmäßigen Dienstzeit zu gewährleisten. Dies erfordere einen vollen Ausgleich.

Dies gilt allerdings nicht für den reinen Ruf-Bereitschaftsdienst etwa im Krankenhaus oder für Zeiten dienstlicher Anwesenheit ohne dienstliche Inanspruchnahme, wie dies zum Beispiel Dienstreisen der Fall sein kann.

Quelle:

Rechtsanwalt Friedrich Kellersmann – Fachanwalt für Arbeitsrecht, Münster

c/o Kanzlei König, Strässer & Partner GbR

www.ksp-rechtsanwaelte.de

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